Auch bei einem guten und engagierten Strafverteidiger kann es jederzeit geschehen, daß die Hauptverhandlung in einer Strafsache mit einer unzutreffenden Verurteilung oder einer unangemessen hohen Bestrafung endet. Hiergegen können sich Angeklagte, aber
auch die Staatsanwaltschaft gegen zumeist dem Angeklagten günstige Entscheidungen mit der Einlegung von Rechtsmitteln behelfen.
• Berufung
Gegen erstinstanzliche Urteile des Amtsgerichts (Strafrichter/in oder Schöffengericht) kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Hat die Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht stattgefunden, so kann innerhalb einer Woche nach Verkündung
des Urteils schriftlich Berufung eingelegt werden. Es findet dann vor dem Landgericht eine Berufungsverhandlung statt, in der das Verfahren in tatsächlicher Hinsicht nochmals aufgerollt wird. Die Zeugen werden erneut vernommen, die Sachverständigen erneut gehört usw. In besonders gelagerten Bagatellverfahren mit entsprechender Sanktionsmaßnahme
gilt jedoch die Besonderheit der Annahmeberufung nach § 313 StPO.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichts kann darüber hinaus das Rechtsmittel der Revision eingelegt werden, so daß die Sache vom Oberlandesgericht auf Rechtsfehler überprüft wird. Will man die Berufungsinstanz überspringen und gegen das Urteil des Amtsgerichts sofort ein Revisionsverfahren
veranlassen, so ist dies im Wege der Sprungrevision (§ 335 StPO) möglich.
Das Rechtsmittel - ob nun Berufung oder Sprungrevision - ist innerhalb einer Woche nach Verkündung des Urteils einzulegen.
Die Revision muß sodann binnen eines Monats nach Zustellung des schriftlichen Urteils begründet werden. Eine Berufung bedarf einer schriftlichen Begründung nicht; es kann aber in vielen Fällen sinnvoll sein, dem Berufungsgericht vorab darzulegen, welche sachlichen Gründe es für das Rechtsmittel gibt. Das Rechtsmittel kann zunächst eingelegt und später wieder zurückgenommen werden.
• Revision
Bei dem Landgericht sind kleine und große Strafkammern tätig. Die kleinen Strafkammern des Landgerichts verhandeln über Berufungen, die gegen Urteile des Amtsgerichts eingelegt wurden, während die großen Strafkammern erstinstanzlich für die Verhandlung in Strafsachen von größerer Bedeutung zuständig sind.
Gegen Urteile des Landgerichts kann nur Revision (und nicht Berufung) eingelegt werden (§ 333 StPO). Während sich somit mit der Revision zum örtlich zuständigen Oberlandesgericht für die ursprünglich beim Amtsgericht verhandelten Strafsachen eine dritte Instanz eröffnet, steht mit einer Revision gegen Urteile der großen Strafkammer des Landgerichts mit dem sodann befassten Bundesgerichtshof nur eine weitere Instanz zur Verfügung.
Im Revisionsverfahren kommt es nicht unbedingt zu einer mündlichen Verhandlung. Insbesondere wird beim Revisionsgericht nicht etwa die Beweisaufnahme wiederholt. Das Oberlandesgericht bzw. der Bundesgerichtshof überprüfen die Sache allein auf Rechtsfehler nach Maßgabe der §§ 337, 338 StPO. Das jeweilige Revisionsgericht entscheidet sodann, ob die angefochtene Entscheidung aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung an das Amts- bzw. Landgericht zurückverwiesen bzw. ob die Revision verworfen wird. In eher selten Fällen trifft das Revisionsgericht eine eigene Sachentscheidung gemäß § 354 StPO.
Die Revision ist - ebenso wie die Berufung - innerhalb einer Woche nach Verkündung des Urteils einzulegen. Abweichend zum Rechtsmittel der Berufung muß die Revision später - binnen eines Monats nach Zustellung des schriftlichen Urteils - begründet werden. Die Revisionsanträge nebst Begründung sind gemäß § 345 StPO an eine bestimmte Form und Frist gebunden. Die Revisionsbegründung kann nur in einer von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Begründungsschrift wirksam abgegeben werden. Rechtsmittel können im Übrigen auch beschränkt werden, bspw. nur auf einen Teil des Schuldspruchs oder auf die Rechtsfolgen.
Klarzustellen ist ein weitverbreiteter Irrtum, wonach der Angeklagte mit der Einlegung von Rechtsmitteln eine "Verschlimmerung" und insbesondere eine Verschärfung der Sanktionsfolgen befürchten müsse. Legt allein der Angeklagte und/oder zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft ein Rechtsmittel ein, gilt der lateinisch als reformatio in peius formulierte Grundsatz des Verschlechterungsverbots für Rechtsmittel (eine Ausnahme bildet hier der Einspruch im Strafbefehlsverfahren).
Die Erfolgsaussichten einer Revision sind statistisch gesehen eher gering. Die Revision in Strafsachen stellt zudem hohe Anforderungen an das Können des Strafverteidigers und setzt nicht nur fundierte Kenntnisse der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung voraus, sondern verlangt zudem eine hinreichende Praxis, so etwa durch Revisionshauptverhandlungen vor dem Bundesgerichtshof.
Die Rechtsanwaltskanzlei Dr. Gülpen ist seit vielen Jahren nachweislich mit Erfahrung und Erfolg in Revisionssachen tätig.
|